Es gab wohl in allen Belangen schon bessere Zeiten am Badeweiher. Egal, in welchen Bereich oder in welcher Abteilung. Die Fußballabteilung läuft Gefahr, in einen ganz gefährlichen Bereich zu kommen. Ein Kommentar dazu.

 

In der Halle lief es für keine Mannschaft....(Foto: Haselbach)Wer heute morgen mit der VfB- Kaffeetasse am Frühstückstisch saß und die Zeitung aufgeschlagen hat, dem dürfte das Brötchen im Hals steckengeblieben sein. Der Nachbar aus Hüls-Süd schaffte es, sich alle Stadtmeisterschaftstitel in der Jugend zu sichern. Alle! "Es ist wirklich unglaublich und macht uns alle richtig stolz" schreibt die FB-Seite der Blau-Weißen. Sowas hätten wir gerne wenigstens einmal geschrieben. Gab es sowas schon einmal? Dass der VfB ohne einen Titel blieb? Natürlich haben wir in Marl auch in allen anderen Vereinen sehr gute Jugendarbeit, da ist auch so manches Finale oft eine knappe Sache, wo am Ende auch manchmal das Glück entscheidet. Aber bei einem Verein wie dem VfB sollten die Alarmglocken schrillen, wenn ein Verein alles holt, was man holen kann. Gut, Hallenstadtmeisterschaften sind jetzt nicht der wichtigste Wettbewerb, aber trotzdem lässt sich aufgrund der Dominanz ja ein Trend erkennen. Wenn es dann dazu auch noch der liebste Rivale ist, sollte man besser drauf achten, als es unter den Tisch zu kehren. In Marl scheint der VfB momentan einfach kein Fettnäpfchen auszulassen. Die Senioren konnten vorher bei der Stadtmeisterschaft ja auch nicht wirklich Werbung für sich machen. Auch, wenn viele Mannschaften überörtlich spielen, der VfB Hüls befindet sich erst einmal in Marl, hier hat er sein Einzugsgebiet für den Nachwuchs, für mögliche neue Mitglieder und Fans. Da sind lokale Niederlagen keine gute Werbung.

Klein und Groß zusammen....(Foto: Haselbach)Von den Mini-Kickern bis hin zu den Alten-Herren legte man immer viel Wert darauf, dass es beim VfB was gibt, was andere Vereine nicht so ausgeprägt haben: Eine richtige Vereinsfamilie. Wo einer für den anderen da ist, wo jeder das Wappen mit Stolz getragen hat, egal, was andere sagten oder ob die Zeiten mal nicht so gut waren. Hier war einer für den anderen da. Hier stand nie der Einzelne oder das Geld im Mittelpunkt. Das war auch ein Verdienst davon, dass es hier in den wichtigen Funktionen kaum Fluktuation gab. Trainer, Betreuer, sonstige Verantwortliche. Viele Gesichter sah man viele, viele Jahre oder gar Jahrzehnte, viele sieht man auch heute noch. Die meisten davon sind beim VfB aufgewachsen und für immer geblieben. Das dürfte es heutzutage in diesem Ausmaß kaum noch irgendwo geben. Der VfB ist kein Verein, wo man mal eben für ein oder zwei Jahre vorbeischaut und / oder gar hofft, hier das große Geld zu machen oder sich auf Kosten des Vereins egozentrisch für die weitere, persönliche Zukunft in den Mittelpunkt zu stellen. Der VfB war immer eine große Familie und so sollte es auch bleiben. Niemand sollte vergessen, dass u.a. diese Philosophie aus dem Verein das gemacht hat, was er heute ist. Dafür war keine CWH, keine Hüls AG, keine Degussa oder Evonik verantwortlich. Sondern nur die Menschen, die diesen Verein lebten und leben. Wer momentan mit offenen Ohren um den Badeweiher spazieren geht, sieht diese Philosophie gefährdet. Leute, die vielleicht nicht so ganz tief in der Materie stecken, könnten behaupten, dass sich einfach zu viele Leute selber in den Mittelpunkt stellen wollen, als den Verein. Ein Problem, dass man schnellstens in den Griff bekommen sollte. Der Begriff "Verein" sagt doch eigentlich schon vieles darüber aus, wie man sich verhalten sollte. Da ist es selbst zu wenig, wenn man nur seine Mannschaft sieht.

Viel zu besprechen: Muth und YavuzaslanUnsere erste Mannschaft bzw. unsere Seniorenfußballabteilung dürfte die jüngste Vergangenheit am härtesten getroffen haben. Komischerweise läuft hier das Vereinsleben aber auf Vorbildfunktion. Ein Trainer, der viel Wert darauf legt, dass er und seine Truppe auch ein angemessenes Vereinsleben führen. Eine Mannschaft, die untereinander eine selten erlebte und tolle Stimmung hat, obwohl sie finanziell auf einem Niveau sein dürften, wo es teilweise in der Bezirksliga besser wäre. Ein Teammanager, der trotz zahlreicher offener und versteckter Anfeindungen sich den Arsch aufreißt und nie müde wird, die bestmöglichste Truppe für diesen Verein auf einem niedrigen Gehaltsniveau zusammen zu bekommen und teilweise auch gleich noch für das Gehalt sorgt. Einen technischen Leiter, der alles dafür macht, damit die Truppe ordentlich kicken kann und weiter gute Laune behält und der zur Not auch selber mit einer Schaufel stundenlang einen Platz vom Schnee befreit. Einen Vorstand, der unermüdlich das große Los für den Verein sucht und sich auch davon nicht unterkriegen lässt, dass man meistens nur Trostpreise bekommt. Helfer, die dafür sorgen, dass man dem Verein die ernsthafte finanzielle Lage überhaupt nicht anmerkt und die weiter auf hohem Niveau ihre Arbeit machen. Noch. Es wird aber immer schwieriger.

Diese Bilder dürfen nicht verschwinden (Foto: Haselbach)"Die finanzielle Lage ist schwer. Es bedeutet für uns einen Kraftaufwand, der ewig nicht so zu halten ist. Auch wenn wir den hohen Einsatz unserer vorhandenen Sponsoren und Gönner zu schätzen wissen und deren Einsatz bisher auch lebenswichtig für den VfB ist, so müssen wir sagen, dass wir alle das so nicht ewig aushalten können", so der VfB-Vorsitzende Wolfgang Muth. Der durfte am Rande des Testspiels gegen RW Essen am Samstag dann mal eben erfahren, wie viele hauptamtliche Mitarbeiter RWE in seinen Reihen hat. Natürlich sind die Essener ein Verein, der annähernd 10.000 Zuschauer jedes Spiel zieht und der einen großen Namen hat. Aber sie spielen auch nur eine Klasse höher und im Endeffekt sind dort die gleichen Arbeiten zu erledigen, wie bei jedem anderen Amateurverein auch. "Da ist mir die Kinnlade schon etwas runtergangen. Wir rennen uns hier mit einem Bruchteil von ehrenamtlichen Leuten die Hacken ab, von dem was RWE hauptberuflich beschäftigt und hier ist vieles nicht so ein Selbstläufer wie in Essen. Das ist jetzt keine Kritik und kein Neid. Es zeigt uns aber, was wir hier Tag für Tag leisten. Gerade wegen unserem Team, unseren Helfern, unseren Leuten hier, haben wir es verdient, endlich den Sponsor oder die Sponsoren zu finden, die dafür sorgen, dass wir mal wieder sorgenfrei eine Saison bestreiten können", so Muth. Die Leute, die den VfB jetzt nicht so mögen, werden sich zurücklehnen und sagen: "Ja, so ist das, wenn das große Werk nicht mehr zahlt. Jetzt weiß der VfB mal, was andere Vereine Jahr für Jahr so leisten mussten und müssen." Nun, das oft zitierte "Werk" sorgte zwar immer dafür, dass man einiges einfacher hatte, aber die Ärmel mussten am Badeweiher trotzdem immer hochgekrempelt werden. Und beim VfB gab es NIE die vermuteten Spitzengehälter. Das Niveau war, trotz Werk, immer im unteren Bereich anzusiedeln. Dadurch, dass der VfB auch jahrelang als Werkverein betitelt wurde und auch von dort unterstützt wurde, fehlt es heute an einem wichtigen Baustein. "Netzwerk" heißt das Zauberwort. Der Sponsorenmarkt scheint abgegrast zu sein. Die, die können und wollen, scheinen schon längst bei einem der anderen Vereine im großen Fußballkreis Recklinghausen, untergekommen und zufrieden zu sein. Der Rest, so scheint es, kann oder will nicht. Alles legitim. Dieses dringend benötigte Netzwerk beim VfB aufzubauen scheint schwerer zu sein, als in die Regionalliga aufzusteigen. Seit der Gründung des Vereins bestand der Kontakt zu einem großen Teil  nur zu Firmen hinter dem Werkszaun. Viele, die davor waren, hatten nicht die größte Motivation, dem VfB finanziell unter die Arme zu greifen. Schließlich, so war ja immer die Vermutung, kommt aus dem Werk genügend Geld und das wäre woanders hilfreicher. Das bekommt man leider bis heute zu spüren. 

In knapp sechs Wochen ist die Jahreshauptversammlung der Fußballseniorenabteilung. Es wird bestimmt, wie jedes Jahr, wieder die Stimmen geben, die nur meckern und kritisieren. Und so, wie die vielen Jahren zuvor, werden diese Leute auch wieder aufgefordert werden, dem Verein doch zu helfen, wenn sie so unzufrieden sind. Nur dieses Jahr sollten diese Leute nicht wieder für ein Jahr sofort still von der Bildfläche verschwinden. Man sollte meinen, dass man als Vereinsmitglied bestrebt sein sollte, dass es einem Verein gut geht. Auf die, die momentan Mut und Verantwortung zeigen, mit dem Finger zu deuten und alles zu kritisieren ist nicht mehr der richtige Weg. Wobei Kritik ja in Ordnung ist, nur sollte man dann auch bereit und in der Lage sein, realistische Verbesserungsvorschläge zu machen. Früher war nicht alles besser, früher war vieles einfacher. Früher! Ist heute leider nicht mehr so!

Ein Verein hat einen sozialen Auftrag. Nicht nur für Kinder und Jugendliche. Auch zahlreiche Erwachsene finden ihren Halt in einem Verein, vielleicht auch oft eine zweite Chance oder einen neuen Bestimmungspunkt für ihr Leben. Hier findet man sogar Freunde für's Leben, hier wird das wichtige Ehrenamt gefördert. Hier wird Amateur- und Breitensport gelebt, auch wenn es andere nicht mehr so sehen wollen. Wir aber sehen es so und wir sehen darin auch unsere Verantwortung. Wir ermöglichen Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen ihr Hobby, ihr Ehrenamt. Wir geben unseren Fans die Möglichkeit, in guten und schlechten Zeiten den Verein zu unterstützen. Einen Verein trägt man immer im Herzen, den wechselt man nicht wie seine Unterhose. Wem es jetzt noch um persönliche Eitelkeiten geht, dem sei eine Sportart wie Tennis oder Badminton empfohlen. Da steht man alleine auf dem Platz. Wir brauchen jetzt dringender denn je echte Teamplayer. Und ehrliche Menschen mit ehrlichen Absichten für unseren Verein. Für unseren VfB 48/64 Hüls.

Alle für den VfB (Foto: Haselbach)